Wenn ich es nicht mache, macht es keiner!
Unsere Glaubensmuster führen dazu, dass wir immer wieder dieselben Erfahrungen machen und so unserem Glaubensmuster nicht mehr entkommen.
Dieses Mal möchte ich eine weitere Serie eröffnen, es die die Rubrik der Glaubensmuster. Kennen Sie diesen Satz, „wenn ich es nicht mache, macht es keiner“? Gehört er vielleicht sogar zu ihren Glaubensmustern? Dann wird Sie der folgende Beitrag sicher interessieren. Dieser Glaubenssatz lässt sich oftmals bei Menschen finden, die sehr viel im Funktionieren sind und in ein Burnout geraten. (siehe Beitrag "Funktionieren versus Spüren")
Wir alle tragen Glaubensmuster in uns. Dies sind Annahmen oder Erwartungen darüber, wie diese Welt funktioniert und wie die anderen sind. Meist wurde der Ursprung dieses Glaubensmusters in der Kindheit gelegt. Wiederholen sich Erfahrungen, bauen wir innere Annahmen, also Glaubensmuster, auf.
Obwohl wir davon ausgehen, dass unsere Glaubensmuster ein Ausdruck unserer vorgefundenen Realität sind – „also, dass es einfach so ist“ – ist das nicht ganz richtig. Denn Glaubensmuster sagen noch nichts darüber aus, wie die Situation in unserem Leben wirklich war, sondern weisen darauf hin, wie wir diese Situation wahrgenommen und erlebt haben. So kann mein Glaubensmuster durchaus beinhalten, dass ich immer das Opfer bin, während mich mein Umfeld überhaupt nicht als Opfer sondern durchaus aggressiv und als Täter erlebt.
Mit dem Glaubensmuster: „Wenn ich es nicht mache, macht es keiner“ haben wir erfahren wie unangenehme Arbeiten oftmals an uns kleben blieben, während sich andere vor solchen Aufgaben drücken konnten oder uns solche Tätigkeiten sogar zugespielt wurden.
Jetzt ist das mit den Glaubensmustern eine verzwickte Angelegenheit. Solange sie im Verborgenen wirken, haben sie eine große Auswirkung auf uns. Dann nehmen wir es nicht als ein Glaubensmuster wahr, sondern als eine Tatsache, einen Ausdruck der Realität. So wird ein Glaubensmuster zu einer inneren Wahrheit. Ist dies der Fall, wird unser Fühlen, Denken und Verhalten von diesem Glaubensmustern bestimmt. Wurde es zu einer inneren Wahrheit, wird es auch nicht mehr hinterfragt, sondern einfach ausagiert. Mit dem Muster: „Wenn ich es nicht mache, dann macht es keiner“ sind wir geradezu verführt, unangenehme Tätigkeiten zu übernehmen, auch wenn sie nicht in unserer Verantwortlichkeit liegen.
Glaubensmuster beeinflussen unser Verhalten und führen zu Wiederholungen in unserem Verhalten. Und so tun wir dann etwas, was wir in einem ausgeglichenen und ruhigen psychischen Zustand, wo wir die Situation noch erfassen und klar denken und fühlen können, nicht machen würden.
Solange wir ein Glaubensmuster nicht als solches enttarnen, und nicht verstehen, was wir selbst zur Aufrechterhaltung dieses Musters beitragen, werden wir diese Erfahrung wiederholen. Mit diesem Muster werden wir erleben, wie sich andere von ihrer Verantwortung davonstehlen und wir immer wieder unangenehme Aufgaben erledigen müssen, weil sie ansonsten eben niemand erledigt. Dies führt wiederum dazu, dass sich dieses Glaubensmuster weiter verfestigt. Machen wir keine anderen Erfahrungen mehr, entkommen wir unserem Glaubensmuster nur noch schwer. Somit wären wir bei einem Erkennungsmerkmal eines Musters: Wenn es immer dasselbe zu sein scheint, ist dies ein Hinweise darauf, dass ein Muster in uns aktiv ist.
Gemeinerweise erleben wir, dass sich diese Erfahrung in mehreren Bereichen unseres Lebens wiederholt. So stoßen wir nicht nur im persönlichen Bereich, bei unserer Familie, unseren Freunden auf diese Erfahrung, sondern erleben auch auf der Arbeit, wie sich die vertraute Geschichte zu wiederholen scheint. Dies führt zu weiteren Denkmustern, wie: „Immer muss ich alles tun“, „stets bin ich der Idiot, an dem alles hängen bleibt“ oder „die Anderen putzen sich laufend an mir ab und verstecken sich hinter mir, wenn es darum geh,t etwas zu erledigen“. Wenn wir etwas immer wieder und in verschiedenen Konstellationen erleben, weist dies stets darauf hin, dass es sich hierbei um ein persönliches Muster von uns handelt.
Glaubensmuster können negativ und einschränkend sein, wie „immer bin ich das Opfer“, sie können aber auch positiv sein, wie „die Welt ist mir freundlich gesinnt“. Das hier beschriebene Glaubensmuster hat beides, positive wie negative Seiten.
Tragen Sie dieses Glaubensmuster in sich, werden Sie in ihrem Leben wahrscheinlich einiges an Fähigkeiten entwickelt haben. Denn wenn Sie glauben, dass Sie alles tun müssen, dann machen Sie viel und erwerben Kompetenzen und Umsetzungsqualitäten. Also Fähigkeiten und Fertigkeiten, Sie können anfassen und zupacken. Mit diesem Glaubensmuster werden Sie eine geringe Ausprägung von Abhängigkeit zeigen und die Dinge gerne selbst in die Hand nehmen, auch wenn es Ihnen dann wieder zu viel wird und Sie darunter leiden. Sie haben gelernt, da gibt es jemanden, auf den Sie sich verlassen können – das sind Sie selbst. Denn so besagt es das innere Glaubensmuster, wenn nicht ich, dann keiner!
Außerdem werden Sie zu jenem Personenkreis gehören, die Verantwortung übernehmen. Denn Menschen, die keine Verantwortung übernehmen, werden sich auch nicht zuständig fühlen. Des Weiteren werden Sie dazu neigen, Aufgaben eher rasch zu erledigen und diese nicht auf die lange Bank zu schieben. Was zu tun ist, ist zu tun und wird nicht besser, wenn man es aufschiebt. Sie sehen also, dieses Glaubensmuster hat durchaus auch seine positiven Seiten.
Aber das Glaubensmuster hat auch seine negativen Seiten. Denn jedes Glaubensmuster schränkt unser Erleben und unser Verhalten ein. Denn es drückt ja aus, dass die Welt, dass unsere Mitmenschen oder wir selbst nicht nur jetzt so sind, sondern immer so sind. Glaubensmuster verallgemeinern und machen uns ohnmächtig, denn wenn etwas so fixiert ist, was kann ich dann noch daran ändern?
Wenn ich es nicht mache, macht es keiner – dieses Glaubensmuster schränkt unsere Wahrnehmung und unser Denken ein. Denn innerlich betrachtet bleibt mir nichts Anderes mehr übrig, als die Aufgabe zu erledigen. Ich glaube nicht nur, sondern bin mir sicher, dass diese Arbeit sowieso an mir hängen bleibt und ich muss es machen.
Und so kommen wir zur negativen Seite eines Glaubensmusters. Die größte Gefahr liegt darin, dass uns dieser Glaubenssatz immer mehr vereinnahmt und weitere Lebensbereiche erfasst.
Dann sind es die Aufgaben im Haushalt, die zu machen sind und die keiner sonst erledigt,
die Freiwilligenarbeit in der Schule der Kinder, wofür sich niemand freiwillig meldete,
die Arbeit der überlasteten Kollegin, wo der Chef meinte, sie solle Arbeiten abgeben, aber jeder Kollege ebenfalls überlastet ist und nichts übernehmen kann
die unangenehmen Tätigkeiten in der Firma oder zu Hause, die prinzipiell keiner übernehmen will,
die Familienfeier, die auch noch zu organisieren, wo keiner in der Familie eine Idee oder Zeit hat,
Die Freizeitgestaltung mit den Freunden, wo sich niemand Gedanken macht und Vorschläge unterbreitet oder bei uns anfragt, ob wir etwas mit ihm machen wollen und so weiter und so weiter.
Sie sehen, dass es mit diesem Glaubensmuster schnell einmal eng in unserem Leben werden kann.
Jetzt könnten man provokant sagen, dass im Umfeld von Personen mit diesem Glaubensmuster lauter faule Nichtstuer sind, die andere schuften lassen. Solche Menschen mögen sich zwar gerne in ihrem Umfeld befinden, dass aber alle so sind, ist doch eher unwahrscheinlich. Mit solch einem Glaubensmuster erleben wir die Situation aber so, auch wenn dies noch nichts über die vorgefundene Wirklichkeit aussagt.
Was allerdings zu beobachten ist, ist, dass Menschen bei alltäglichen Aufgaben oder unangenehmen Tätigkeiten durchaus dazu neigen, sie jenem zu überlassen, der sie am schnellsten und „scheinbar freiwillig“ übernimmt. Wenn Sie unaufgefordert immer den Abwasch machen oder die Kaffeemaschine auf der Arbeit reinigen, wird wohl selten jemand diese Aufgaben an sich reißen. Andere werden sie machen lassen, einfach, weil es bequem für sie ist.
Menschen mit diesem Glaubensmuster tun viel, sie übernehmen Verantwortung und nehmen viel auf sich. Auch wenn sie es sich wünschen, haben sie meist Schwierigkeiten, Aufgaben wirklich abzugeben und sie anderen zu überlassen. Mit dem Muster, „Wenn ich es nicht mache, macht es keiner“, wird es schwierig, dem anderen zu vertrauen, dass er die Aufgabe erledigen wird. Denn diese Ansicht widerspricht dem Muster. Dann würde das Muster ja beinhalten, wenn ich es nicht mache, macht es ein anderer – und das tut es nicht.
Da das Glaubensmuster besagt, es macht dann keiner, neigen wir dazu, den anderen unbewusst zu überwachen, ob er denn jetzt verlässlich ist und seine Aufgabe erfüllt. Und da wird es schwierig. Denn wenn der andere seine Aufgabe nicht sofort erfüllt, werden wir mit diesem Muster unruhig und neigen dann dazu, die jeweilige Arbeit wieder an uns zu reißen. Wenn der Partner den Müll nicht gleich entsorgt, nehmen wir ihn und gehen damit genervt zur Mülltonne. Wir mögen verärgert sein, aber wir fühlen uns auch im Recht, denn unser Glaubensmuster wurde bestätigt. Wenn nicht ich, dann keiner – in unserer inneren Welt ist somit wieder alles in Ordnung.
Das ist eine der großen Schwierigkeiten bei den Glaubensmustern. Wir mögen uns bei negativen Glaubensmustern zwar wünschen, dass sie nicht eintreten, doch innerlich kommen wir ganz schön durcheinander, wenn unser Erleben davon abweicht. Die Psyche versucht an den einmal erworbenen Mustern festzuhalten, egal wie sehr wir darunter auch leiden mögen. Recht zu haben, also das eigene Muster bestätigt zu bekommen, ist uns psychisch tatsächlich wichtiger, als es leichter zu haben.
Zu einem Glaubensmuster gehört auch, dass wir es nicht mehr hinterfragen. Wir stellen diese Annahme oder uns selbst nicht mehr in Frage und wiederholen nur noch.
Menschen mit diesem Glaubensmuster tun sich nicht nur schwer, Verantwortung abzugeben, sie neigen auch dazu, Aufgaben an sich zu reißen. Das liegt daran, dass ihr innerer Frustrationspegel rasch aktiviert wird, wenn es darum geht, anstehende Aufgaben zu erledigen. Fragt ein Chef seine Mitarbeiten: „Wer macht/übernimmt…?“ halten sie ein Schweigen nicht lange durch. Sie werden sich rasch melden und zur Verfügung stellen. Meist um vieles rascher, als die Menschen in ihrem Umfeld. Jene, die abwarten, bekommen üblicherweise weniger Aufgaben zugeteilt. Insofern ist es günstig, wenn eine Person mit diesem Muster lernt, ein wenig abzuwarten. Was nicht so einfach ist, denn der Impuls im Hintergrund drängt ja und wird immer lauter. „Wenn ich es nicht mache, macht es keiner!“ Das eine Aufgabe vielleicht einmal nicht erledigt wird, muss erst einmal ausgehalten werden.
Mit diesem Glaubensmuster ist es schwer abzuwarten und nichts zu tun, denn die innere Annahme weist ja darauf hin, dass das Vertrauen fehlt, dass andere einspringen und die Arbeit übernehmen könnten. So ist es für Betroffene wenig hilfreich, ihnen zu sagen sie sollten einmal nichts tun, da dieses Nichts-tun ihrem Glaubensmuster und somit auch ihren inneren Impulsen widerspricht. Einfacher ist es, wenn sie stattdessen einfach abwarten und beobachten. Mit dem Beobachten der Situation haben sie ja wieder eine Aufgabe und werden nicht ganz so unruhig. Dann wird es nämlich durchaus interessant, welchen Verlauf die Geschichte ohne ihr Zutun nimmt. Wer meldet sich als nächstes für die Aufgabe, oder was passiert wirklich, wenn es niemand macht…? Meist kristallisiert sich eine weitere Person heraus, die ebenfalls rasch Tätigkeiten auf sich nimmt und übernimmt.
Schlussendlich geht es aber nicht darum, dass man nichts mehr tut, sondern dass man lernt, sich wieder flexibel, also der jeweiligen Situation angepasst zu verhalten. Manchmal übernehme ich eine Aufgabe, vielleicht auch ungefragt, ein anderes Mal hingegen nehme ich diese Aufgabe nicht an oder teile sogar jemanden für diese Arbeit ein. „Wenn ich es nicht mache, dann macht es ein anderer“ macht mich nicht zu einer faulen verantwortungslosen Person, sondern zu einer Person, die sich auch einmal erlauben kann, auf sich und ihre eigenen Grenzen zu achten.
Eines der nächsten Glaubensmuster, über das ich schreiben werde: „Wenn es mir schlecht geht, ist keiner für mich da!“.
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