Wenn das Bewusstsein auf die Psyche trifft
Unsere Psyche liebt Wiederholungen und so wiederholen wir unsere Muster. Zumindest solange, bis wir anfangen unseren Blickwinkel zu ändern.
Auch wenn Sie sich bisher vielleicht noch gar nicht sonderlich mit ihren psychischen Prozessen beschäftigt haben, ist ihnen sicher bereits ein starker psychischer Automatismus aufgefallen. Es ist jene, fast magisch erscheinende psychische Kraft, mit der sich gewisse Gegebenheiten in unserem Leben laufend wiederholen.
Da wiederholen sich bestimmte Beziehungsmuster in unserem Leben. Wo wir beispielsweise immer wieder
in einer ohnmächtigen Opfer- oder hilflosen Helferkonstellation landen, oder
erleben wie wir wieder verlassen werden.
Auch wenn ich mich in meiner Arbeit normalerweise mehr den negativen psychischen Dynamiken zuwende, gibt es natürlich auch positive Beziehungsmuster, die sich ebenfalls wiederholen. Dann erleben wir eine Stabilität auf der Beziehungsebene, dass wir beispielsweise nicht alleine sind, wenn wir jemanden brauchen oder andere tröstend für uns da sind.
So wiederholen sich gewisse Erfahrungen in unserem Leben. Dabei fallen uns die positiven Wiederholungen weniger auf, weil wir nicht unter ihnen leiden. Während uns die negativen Erfahrungen wie Ausgrenzung, Ungerechtigkeit, Unterlegenheit oder Minderwertigkeit ziemlich schmerzen und damit natürlich auffallen. Manches Mal mag es uns sogar so erscheinen, als würde das Leben seinen Finger mit Vorliebe in unsere alten Wunden stecken und uns damit belasten.
Die jeweilige Erfahrung mag sich zwischenmenschlich unterscheiden, aber die psychische Wiederholungstendenz bleibt dieselbe. Zu unserem Leidwesen wiederholen sich unsere Erfahrungen nämlich. Unabhängig davon, ob wir dies wünschen oder nicht, ob wir darunter leiden oder nicht. Wie ein Mond umkreisen uns gewisse Themen und kehren in einer Regelmäßigkeit in unser Leben zurück.
Diese Wiederholungstendenz hat einiges mit unserer Psyche zu tun. In unserer Kindheit entwickeln wir nicht nur einen Körper, wir bauen auch eine psychische Struktur auf. Im frühen Erwachsenenalter hat sich diese Struktur dann verfestigt.
Dann haben ein gewisses Bild von uns und der Welt erworben, identifizieren uns mit gewissen Dingen und haben Muster aufgebaut. Unsere Psyche ist sehr effizient und benutzt diese innere Struktur auch. Was nichts Anderes bedeutet, als dass wir einmal erworbene Muster oder Reaktionsweisen wiederholen oder an einmal erworbenen Bildern und Ansichten festhängen.
In jenen Bereichen, in denen uns die erlernten Muster unterstützen, wenn wir beispielsweise leicht mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen, ist auch nichts gegen diese Wiederholungstendenz einzuwenden. Aber was machen wir mit jenen Erfahrungen, die uns weniger gefallen oder die uns gar belasten?
In unseren jungen Jahren erleben wir uns häufig noch gar nicht als Regisseur unseres Lebens und so schreiben wir die Ursache unserer persönlichen Misere üblicherweise den anderen oder dem Schicksal zu. In dieser Haltung fühlt es sich so an, als ob wir irgendwie ständig beim falschen Partner landen, einfach Pech mit unseren Beziehungen mit unseren Chefs oder Kollegen haben. Wir geben dem Schicksal, unserer Kindheit, unseren Eltern oder anderen Menschen die Schuld an unseren unliebsamen Erfahrungen.
Im ersten Moment ist so eine Zuschreibung durchaus entlastend. Es liegt nicht an uns, wir sind nicht Schuld und haben nichts falsch gemacht. Das fühlt sich doch echt gut an!
Aber bereits auf dem zweiten Blick offenbart sich, dass diese Betrachtungsweise sich zwar gut anfühlen mag, aber nicht unbedingt sinnvoll für unsere Weiterentwicklung ist. Wenn es nämlich immer nur das Schicksal oder die anderen sind, können wir nur wenig verändern. Wir können nur hoffen und warten, dass sich die anderen endlich verändern und wir dann das bekommen, was wir brauchen.
Meist gelingt uns ein Perspektivenwechsel hin zu uns selbst erst, wenn wir einen relativ hohen Leidensdruck haben. Das liegt nicht daran, dass wir dumm sind oder gerne leiden, sondern daran, dass es ein gewisses Maß an Leiden braucht, damit sich unsere festgefahrenen psychischen Strukturen ausreichend gestört fühlen, um in Bewegung zu kommen. Siehe dazu auch meinen Beitrag: Das Leiden mit dem Leiden.
Gelingt es uns, die nach außen gerichtete Perspektive zu verlassen, wenden wir uns nach innen. Zögerlich stellen wir uns irgendwann eine unangenehme Frage: „Vielleicht haben all diese negativen Wiederholungen auch etwas mit uns selbst zu tun?“
Diese Frage erfordert ein wenig Mut, aber noch viel mehr an Stabilität, denn damit beginnen wir uns selbst und unser Verhalten in Frage zu stellen. Das ist einer der Gründe, warum Sicherheit so wichtig ist in einer Psychotherapie. Erst wenn es sicher ist, kann ich dort hinsehen, wo es wirklich unangenehm und ängstigend ist.
Stellen wir uns diese Frage, beginnt der erste Schritt in eine Richtung, in der wir anfangen, unser Leben neu zu gestalten. Das bedeutet nicht, dass wir unser Leben vorher überhaupt nicht gestaltet hätten. Aber so, wie sich unsere Zuschreibung nach außen richtete, hat sich auch unser Gestalten nach außen gerichtet. Wir suchten eine äußere Veränderung, ein besseres Aussehen, einen besseren Job oder eine bessere Beziehung. Nun aber suchen wir eine innere Veränderung, eine Veränderung von uns selbst.
Letztendlich geht es in einer Psychotherapie um diese Wendung nach Innen und darum geht es auch in der Bewusstseinsarbeit.
Wir lernen unseren Blick nach innen zu richten, hin zu uns selbst. Dort fangen wir an, uns selbst ein wenig besser kennen zu lernen, dort liegt die Selbsterkenntnis. „Erkenne dich selbst“ steht am Apollotempel in Delphi, aber das ist uns erst möglich, wenn wir uns nach Innen wenden.
Trifft das Bewusstsein auf die Psyche, dann ist es so, als würde ein Licht in unseren unbewussten dunklen psychischen Keller einkehren. Ab nun beginnt eine abenteuerliche Reise, eine Reise, die uns hin führt zu uns selbst.
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