Also wenn ich einmal ganz ehrlich sein darf, ich habe Angst. Keine allzu große, aber doch. Obwohl ich bereits des Längerem schreibe und auch schon Artikel auf meiner Homepage veröffentlicht habe, ist einen Blog zu schreiben ein absolutes Neuland für mich. Zu meinem Erstaunen löst es dann doch ein wenig mehr Angst in mir aus als erwartet.
Da ist die Angst ob es funktioniert, die Angst, wie der Blog ankommen wird, die Angst vor der Bewertung und vermutlich nicht ganz zu verschweigen, die Angst vor dem eigenen Perfektionsanspruch, der sich doch im Hintergrund immer wieder einmal einschleicht. Ja, auch wir Therapeuten kennen solche Gefühle und psychische Wiederholungen zur Genüge.
Jetzt könnte ich natürlich das machen, wozu meine Angst mir rät. Da ist niemand, der mich dazu drängt einen Blog zu schreiben, ich könnte es also auch einfach sein lassen. Niemanden würde es auffallen. Wir alle haben wahrscheinlich schon den siamesischen Zwilling der Angst kennengelernt, der sofort mit ihr auftaucht. Es ist die Kehrseite der Angst, die Vermeidung.
Angst zu spüren ist kein angenehmer Zustand, also möchten wir das, was uns Angst macht, vermeiden.
Der Versuch eine ängstliche Erfahrung zu vermeiden
Doch damit wäre nichts gewonnen. Fallen wir in ein Vermeidungsverhalten, stagniert unsere Entwicklung.
Die Vermeidung blockiert eine Weiterentwicklung. Wenn ich eine Erfahrung vermeide, weiß ich nicht ob meine Angst nicht vielleicht angemessen gewesen wäre. Möglicherweise wäre tatsächlich etwas Schlimmes eingetreten und die Angst hätte mich nur vor dieser schrecklichen Erfahrung gewarnt, mich schlussendlich davor beschützt.
Aber so genau wissen wir es nicht. Sobald ich vermeide, fehlt mir nämlich die Rückmeldung der Realität. Ich weiß nicht, wie sich diese Erfahrung weiterentwickelt hätte, denn ich habe sie vermieden und nicht gemacht. Genausogut hätte meine Angst auch völlig unbegründet sein können und es wäre nichts Schreckliches passiert.
Je mehr wir vermeiden umso bestimmender wird die Angst in unserem Leben
Es ist die Angst, die uns dazu verführt, ängstigende Dinge zu unterlassen oder zu vermeiden. Sie vermittelt uns, dass alles gut sei, wenn wir diese Dinge nicht tun. Und für einen kurzen Moment stimmt es auch. Wir stellen uns der Angst nicht und es wird ruhiger in uns.
Aber diese Ruhe ist trügerisch, sie wird nicht anhalten. Denn wir haben nicht gelernt mit unserer Angst umzugehen. Und so wird die Angst nach einer Weile neue Angstbilder aufwerfen. Sie ist nicht gelöst worden und es geht weiter. Je mehr wir in das Vermeiden kommen, umso gefahrenvoller erscheint uns diese Welt zu werden. Angst ist ein großes Thema und so wird sich das Angstthema wohl noch in weitere Beiträge hineinschleichen.
Es ist anstrengend, gegen die Angst anzukämpfen
Doch zurück zu meiner Angst. Hier sitze ich also, es ist kurz vor Mitternacht und ich schreibe an meinem PC. Ich schreibe nicht gegen meine Angst an, denn das ist nichts, das uns wirklich hilft.
Gegen die Angst zu kämpfen ist mühsam, zermürbend und meist nur bedingt hilfreich. Warum sollte ich auch gegen die Angst ankämpfen, wo sie doch so offensichtlich ein Teil von mir ist.
Einen Blick auf die eigene Angst werfen
Nur weil wir nicht gegen die Angst ankämpfen, bedeutet es aber noch lange nicht, dass wir uns ihr ausliefern. Das Gegenteil ist der Fall. Denn wenn ich auf meine Angst blicke, sie nicht vermeide, sondern so von der Seite betrachte, kann ich erkennen, dass meine Angst gerade nicht ruhig, sondern ziemliche ängstlich ist. Ja man könnte sogar sagen, meiner Angst schlottern die Knie. Wenn ich jetzt auch noch anfange mit ihr mitzuzittern, werden wir wohl nicht sonderlich weit kommen.
Ein wenig Distanz zur aktuellen Gefühlslage
Was habe ich also gemacht? Dasselbe, was ich meinen Klienten in der Praxis rate. Ein wenig Distanz zur Angst schadet nie. Ist die Angst zu nahe, dann ist sie in mich eingedrungen oder sitzt im wahrsten Sinne des Wortes auf mir. Sie liegt schwer auf meiner Brust, sie engt mich ein und raubt mir förmlich die Luft zum Atmen. Wie sollen wir so mit unserer Angst arbeiten können?
Ohne Distanz fühlt es sich so an, als hätte die Angst alles von mir eingenommen, dann ist alles von mir Angst: Ich bin die Angst.
In einem ersten Distanzierungsschritt erlebe ich, dass ich nicht die Angst bin, sondern nur ein Gefühl von Angst habe: Ich habe Angst.
Gelingt es noch ein wenig mehr Distanz zu schaffen, dann kann ich die Angst als etwas sehen, was auch noch da ist. Da bin ich und da ist meine Angst: Ich und meine Angst.
Und aus dieser letzten Haltung heraus kann ich meine Angst beobachten und sehen, wie sie sich klein, ohnmächtig, unterlegen und hilflos fühlt, wie sie zittert und sich am liebsten unter der Bettdecke vor der grausamen Welt verstecken würde.
Eine veränderte Wahrnehmung
Eine kleine Änderung unserer Wahrnehmung kann Großes bewirken. Denn wenn ich da bin und meine Angst da ist, dann werde ich handlungsfähig.
Vielleicht gelingt es mir sogar, meine Angst anzunehmen, sie zu akzeptieren und schlussendlich herauszufinden, warum sie gerade jetzt auftaucht. Vielleicht macht es sogar Sinn, dass die Angst in meinem Leben ist? Möglicherweise habe ich es nur noch nicht ganz verstanden.
In diesem Sinne sitze ich hier und beende diesen Blogbeitrag. Morgen werde ich meinen ersten Blogbeitrag online stellen und ich werde dabei nicht alleine sein. Denn wir machen es zusammen: Ich und meine Angst.
Und zum Schluss verrate ich Ihnen noch ein kleines Geheimnis. Wenn wir so zusammensitzen und schreiben - ich und meine Angst - dann ist es irgendwie gar nicht mehr so schlimm.
Falls Sie das Thema der Angst interessiert, hier geht es zu einem weiteren Beitrag über den Umgang mit der Angst: “Keine Horrorfilme bei Angst”
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