Das kleine gemeine „Ich muss“
“Ich muss” - eine kleine Zuschreibung, die uns doch mehr beeinflusst, als wir glauben.
Beim heutigen Beitrag versuche ich ein wenig auf den Spuren des kleinen, gemeinen „Ich muss“ zu wandeln.
Jetzt mögen diese zwei Worte im ersten Moment vertraut erscheinen und fast ein wenig banal klingen. Dabei ist allerdings nicht zu unterschätzen ist, welche Auswirkungen sie auf uns haben. Denn diese beiden Worte, die eine Verknüpfung von „Ich“ und „muss“ darstellen,
erschweren es eine Aufgabe zu erledigen,
nehmen die Freude an einer Tätigkeit und
können sogar in ein Burnout führen
Die Worte „Ich muss“ verwenden wir, wenn wir etwas tun sollten, was wir nicht tun wollen. Das sorgt für einen inneren Konflikt. Ein Teil von mir erwartet dann nicht nur, dass ich eine Aufgabe erledige, sondern er nötigt mich förmlich dazu diese zu erfüllen. Während ein anderer Teil von mir keinen Gefallen an dieser Aufgabe findet und daher dessen Erledigung hinauszögert oder gar verweigert.
In unserem Leben wird es immer wieder Aufgaben geben, die uns nicht unbedingt erfreuen und dennoch zu erledigen sind. So sind Hausaufgaben zu machen, es ist zu lernen, wir sollten mal wieder putzen oder müssen zur Arbeit gehen, auch wenn es uns gerade nicht freut.
Dabei gibt dieses „ich muss“, das wir empfinden, noch keine Auskunft darüber, ob dem wirklich so ist. So kann sich eine Sekretärin verantwortlich für das Geschehen in der Firma fühlen, ohne es zu sein. Sie kann sich in einen großen Stress manövrieren, indem sie glaubt, sie muss dieses und jenes erledigen, damit die Firma läuft. Sie trägt die Bürde des tun „müssens“ auf ihren Schultern, obwohl es gar nicht ihre Firma ist und vieles von dem was sie vermeintlich tun „muss“ eigentlich die Arbeit ihres Chefs wäre. Die beschriebene Sekretärin wird die Perle des Unternehmens sein, wenigstens solange, bis sie in ein Burnout rutscht.
Tatsächlich manövrieren wir uns in eine unangenehme Position, wenn wir denken wir „müssten“ etwas tun. Schnell vergessen wir dabei, dass zu „müssen“ nicht zu einer Aufgabe gehört, sondern etwas ist, dass wir einer Aufgabe hinzufügen. Wir legen sozusagen eine negative Haltung über eine unliebsame Tätigkeit. Dies führt dazu, dass es nun noch ein wenig schwerer wird, diese Arbeit zu erledigen.
Betrachten wir den Gegenpol des „Müssens“, so machen uns manche Aufgaben einfach Spaß und wir erfüllen sie nicht nur gerne, sondern auch mit Begeisterung. Wenn ich beispielsweise gerne koche, dann löst das Kochen Freude in mir aus. In dieser Form ist Kochen keine Arbeit für mich und es macht mir sogar Spaß, mich auszuprobieren und neue Gerichte zu kreieren.
Das Kochen ist die Tätigkeit, ob ich es gerne mache ist die Haltung, die ich dazu einnehme. Ich kann ebenso mit einer anderen Haltung kochen. Dann koche ich, weil ich kochen muss. Da ich aber nicht kochen mag, werde ich diese unliebsame Arbeit gerne aufschieben. Vermutlich werden sich mit dieser Haltung auch meine Kochkünste in Grenzen halten. Ein „muss“ ist nicht zwangsläufig durchgehend präsent, es kann sich auch nur gelegentlich einschleichen. Dann „muss“ ich zu Weihnachten etwas Besonderes kochen, oder wenn Besuch kommt sehr aufwendig kochen. Jedenfalls nötigt mich das „muss“ eine Aufgabe zu erfüllen. Was dazu führt, dass ich im „müssen“ nur sehr schwer Freude an dieser Tätigkeit finden werde.
Dabei ist eine Muss-Haltung völlig unnötig, sie wird nicht gebraucht. Da viele von uns aber gelernt haben, dass es Aufgaben gibt, die erledigt werden müssen, haben sie einen Zusammenhang von unliebsamen Tätigkeiten und „müssen“ erworben. Dann wird es schwer, den inneren Anspruch des „Müssens“ wieder aufzugeben. Denn da gibt es eine Angst die signalisiert, dass ich mir nicht erlauben kann das müssen aufzugeben, weil ich dann faul werde und meine Dinge nicht mehr erledige!
Dabei hat das Müssen so überhaupt nichts mit der Handlungsebene zu tun. Es ist nur eine innere Haltung, eine Einstellung, mit der wir einer bestimmten Aufgabe begegnen. Nehmen wir ein anderes Beispiel: Meine Begeisterung die Toilette zu putzen hält sich ziemlich in Grenzen. Dennoch ist dies eine Aufgabe, die zu erledigen ist. Jetzt kann ich versuchen, mich für das Toilette putzen zu begeistern, was bei mir ehrlicherweise nur sehr schwerlich funktioniert. Ich kann mir selbst mit einer strengen Haltung begegnen und von mir fordern, dass ich die Toilette zu putzen habe. Das wird wahrscheinlich dazu führen, dass ich versuche mich von der unangenehmen Aufgabe zu drücken und es länger dauert, bis ich sie putze.
Ich kann die Toilette aber einfach auch nur putzen, weil sie zu reinigen ist. Um die Toilette zu putzen brauche ich keine sonderliche Motivation, keine Begeisterung, kein Müssen ich brauche lediglich eine WC-Bürste. Ich kann eine Aufgabe auch einfach nur erledigen, ohne mich von meinen Gedanken oder Gefühlen leiten zu lassen.
Zu „müssen“ macht eine Aufgabe größer und schwieriger als sie ist. Gemeinerweise lässt sich dieses „Müssen“ auf alles anwenden. So muss ich die Hausaufgaben machen, die Wohnung putzen, die Buchhaltung erledigen, mehr Sport machen, abnehmen, usw. Ein „Muss“ kann über alles gelegt werden. Wir können es sogar auf unsere Beziehungen anwenden, so muss ich die Eltern wieder einmal besuchen, muss die Freundin anrufen oder muss wieder einmal Sex haben.
Damit erschweren wir uns das Leben. Denn die innere Haltung „ich muss“ impliziert, dass ich nicht will. Und so sind wir schon mitten in einem psychischen Dilemma gelandet. Ein „ich muss“ oder „du musst“ aktiviert den inneren Widerstand. Dann müsste ich, will aber nicht, weil ich es eben muss!
Befinden wir uns in einer „Ich muss“- Haltung können wir darauf schließen, dass wir entweder
gerade wiederständig gegenüber einer Aufgabe sind,
oder aufgrund der Zuschreibung einen inneren Widerstand aufbauen.
„Ich muss“ geht mit einem Widerstand einher, den wir erst einmal überwinden „müssen“. Nun wird es doppelt so anstrengend. Denn jetzt sollte ich die Buchhaltung erledigen, obwohl ich das gar nicht machen will! Diese Haltung legt nahe, dass ich es heute wahrscheinlich nicht mehr schaffe mit der Buchhaltung anzufangen und sie auf morgen verschiebe. „Muss-Aufgaben“ werden gerne auf später verschoben, was dazu führt, dass sich solche, als unangenehm etikettierten Aufgaben vermehren. Irgendwann erschlägt mich die Liste der Dinge, die ich erledigen „müsste“.
Und manches Mal landen wir dann sogar in einer Haltung, in der alles in unserem Leben diesem „Muss“ unterworfen wird. Dann bewegen wir uns in die Richtung eines Burnouts. Mehr darüber im Beitrag "Vorsicht: Burnoutgefahr! Funktionieren versus Spüren”.
Einfach nur “tun”
Zusammengefasst lässt sich nun sagen, die Zuschreibung „ich muss“ nötigt uns und bringt uns in eine widerständige Haltung. Besser wäre es, wir würden das Wort „müssen“ einfach in „wollen“, „können“ oder „dürfen“ umwandeln, oder noch besser, wir lassen das ganze psychische Theater einfach sein und erledigen die Aufgabe.
Sollte Ihnen dieser Beitrag geholfen oder gefallen haben, würde ich mich sehr über eine finanzielle Unterstützung meiner Arbeit freuen.
oder gerne auch direkt auf mein Konto:
Kontoinhaberin: Mag. Brigitte Fuchs
IBAN: AT20 3600 0000 0071 9542
BIC: RZTIAT22